Positionsspezifisches Anforderungsprofil eines Blitzers im Flagfootball
Im folgenden Abschnitt wird aus dem zweiten Kapitel ‘Das Anforderungsprofil eines Blitzers’ aus der Hausarbeit ‘Positionsspezifisches Anforderungsprofil eines Blitzers im Flagfootball’ von Anja Treiber zitiert.
2.2. Konditionelles Anforderungsprofil
Die motorischen Hauptbeanspruchungsformen Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, Beweglichkeit und die koordinativen Fähigkeiten stellen zentrale Leistungsvoraussetzungen für sportliche Bewegungshandlungen dar. Sie lassen sich schematisch in konditionelle und koordinative Fähigkeiten unterteilen. Im Folgenden werden nun die konditionellen Fähigkeiten eines Blitzers näher analysiert, wobei die Kraft und die Schnelligkeit als wichtigste Fähigkeiten in den Fokus gerückt werden.
2.2.1. Kraft
Wie in Abbildung 2 zu erkennen ist, lässt sich der Begriff „Kraft“ in sportlicher Hin-
sicht in Maximalkraft, Reaktivkraft, Schnellkraft und Kraftausdauer unterteilen.
In den großen Ballsportarten hat besonders die Schnellkraft einen hohen Stellenwert, die sich wiederum in Start- und Explosivkraft unterteilen lässt. Während sich die Startkraft in einem hohen Kraftanstieg zu Beginn einer Muskelkontraktion äußert, versteht man unter Explosivkraft die bis zum Erreichen von 50% des Kraftmaximums benötigte Zeit. Stark vereinfacht ausgedrückt beeinflussen beide Kräfte also die Beschleunigung auf den ersten Schritten eines Sprints.
Ein Blitzer steht, wie bereits erwähnt, zu Beginn eines Spielzugs 7 Yards von der LoS und damit je nach Offenseformation 7-12 Yards vom QB entfernt. Somit sollte er über eine hohe Schnellkraft verfügen, um den SE möglichst frühzeitig unter Druck setzen zu können. Tiefe Passspielzüge können am besten verteidigt werden, wenn der Blitzer schneller den QB erreicht als die gegnerischen Receiver ihre Routen beenden können. Frauen sollten den QB, falls er under center steht, idealerweise in unter 2,6 Sekunden erreichen, Männer in unter 2,2 Sekunden.
Oftmals scrambeln QBs auf eine Feldhälfte, um dem Druck des Blitzers zu entgehen. Hier profitiert man als Defensespieler ebenfalls von einer guten Schnellkraft, die es ermöglicht, nach plötzlichen Richtungsänderungen rasch wieder zu beschleunigen. Sie ist also auch ein wichtiger Bestandteil der sogenannten Agilität.
Sowohl der Ausprägungsgrad der Startkraft als auch der Explosivkraft hängt unter anderem vom prozentualen Anteil der schnellzuckenden Muskelfasern sowie der intra- und intermuskulären Koordination ab. Leider ist der Anteil der schnellkontrahierenden Muskelfasern genetisch bedingt – man wird „zum Sprinter geboren“. Die intra- und intermuskuläre Koordination kann jedoch verbessert werden, indem man einerseits die Maximalkraft steigert und andererseits konzentrische Kraftübungen ausführt, bei denen Gewichte mit ca. 50% der Maximallast sechs bis zwölf Mal schnellkräftig bewegt werden. Alternativ kann auch ein Sprungkrafttraining mit Froschsprüngen, Boxsprüngen, Wechselsprüngen etc. durchgeführt werden. Der Körper lernt dabei, möglichst viele Muskelfasern in möglichst kurzer Zeit zu innervieren und aufeinander abzustimmen, so dass rasch viel Kraft erzeugt werden kann.
2.2.2. Schnelligkeit
Schnelligkeit kann – ähnlich wie Kraft – in verschiedene Subkategorien unterteilt werden. Man unterscheidet zunächst zwischen den reinen Erscheinungsformen, nämlich der Reaktionsschnelligkeit, der azyklischen Aktionsschnelligkeit und der zyklischen Frequenzschnelligkeit (vgl. Abb. 3).
Am Beispiel des Blitzers wäre das Loslaufen im Augenblicks des Snaps Reaktionsschnelligkeit, der Sprint selbst Frequenzschnelligkeit und das einmalige
Hochreißen der Arme zum Block Aktionsschnelligkeit. Spielt der Defensespieler
einen ganzen Drive oder sogar ein komplettes Spiel ohne Pause, fallen zusätzlich
die komplexen Erscheinungsformen, das heißt die Schnellkraftausdauer und die
Schnelligkeitsausdauer, ins Gewicht.
Die motorische Schnelligkeit in all ihren Facetten stellt sich somit als kognitiv-
koordinativ-konditionelle Fähigkeit dar, die verschiedenen Einflussgrößen ausgesetzt ist. Ihr Training ist komplex. Wie auch die Schnellkraft hängt die Frequenz- und die Aktionsschnelligkeit vor allem von der Anzahl der schnellzuckenden Muskelfasern sowie der intra- und intermuskulären Koordination und der Maximalkraft ab. Die Frequenzschnelligkeit kann hierbei ergänzend zur Schnellkraft durch Bergsprints oder mit Hilfe von Koordinationsleitern geschult werden.
Die Reaktion eines Blitzers kann beispielsweise verbessert werden, indem man ihn
auf verschiedene optische, akkustische, und taktile Reize reagieren lässt.
Vor allem bei Ballsportlern spielen die reinen Erscheinungsformen der Schnelligkeit aber eine eher untergeordnete Rolle – ein Flagfootballspieler kann schon aufgrund der Feldlänge nie mehr als 50 Yards am Stück sprinten, ein Blitzer sprintet selten mehr als 15 Yards. Stattdessen rücken folgende Facetten der Schnelligkeit in den Fokus:
- Handlungsschnelligkeit: Schnellstmöglich und effektiv im Spiel handeln
- Aktionsschnelligkeit mit Ball: In Höchstgeschwindigkeit Aktionen mit dem Ball ausführen
- Bewegungsschnelligkeit ohne Ball: Möglichst schnell zyklische und azyklische Bewegungen ohne Ball durchführen
- Reaktionsschnelligkeit: Schnell reagieren auf Aktionen von Ball, Gegner und Mitspieler
- Entscheidungsschnelligkeit: Sich in kürzester Zeit für eine Handlung aus einer Vielzahl von Handlungsmöglichkeiten entscheiden
- Antizipationsfähigkeit: Auf Grundlage von Erfahrungen Aktionen des Gegners und Mitspielers vorausahnen
- Wahrnehmungsfähigkeit: Durch die Sinne wesentliche Informationen aufnehmen, verarbeiten und bewerten
Zur Schulung dieser Fähigkeiten empfiehlt es sich, Life Kinetik Übungen in das Training zu integrieren. Ziel der Life Kinetik ist es, Bewegungsaufgaben mit kognitiven Aufgaben zu verbinden, um die Bildung neuer Synapsen im Gehirn anzuregen. Die Konsequenz hieraus ist neben einer beschleunigten Informationsverarbeitung auch eine verbesserte Wahrnehmung-, Reaktions- und Handlungsschnelligkeit, da in gleicher Zeit mehr sensorische Informationen schneller verarbeitet werden können. Das Gehirn wird also leistungsstärker.
Im Training können Life Kinetik Übungen durchgeführt werden, indem der Athlet zum Beispiel auf optische Farbreize reagieren oder Mathematikaufgaben lösen muss, während er eine Übung in der Koordinationsleiter ausführt.
Treiber, Anja (2022) Positionsspezifisches Anforderungsprofil eines Blitzers im Flagfootball
Abbildungsverzeichnis:
Abbildung 2: https://www.spitta.de/fileadmin/tt_news/shop/pdf/916818/Kap5_Opt-
Sportw_916818_Spitta.pdf (letzter Zugriff am 3.11.2022)
Abbildung 3: Jürgen Weineck, „Optimales Training“, Balingen 2010
Quellenverzeichnis: https://flag-coaching.info/?p=2656